Der zahnärztliche Berufsstand ist im Wandel. Seit rund 20 Jahren wächst der Anteil von Absolventinnen, während die Zahl männlicher Absolventen rückläufig ist. Wurde 1990 unter den frisch diplomierten Zahnärztinnen und Zahnärzten in der Schweiz noch ein Frauenanteil von etwa 19 Prozent errechnet, kletterte dieser im Jahr 2014 auf 66 Prozent*. Im selben Jahr wurden 484 neue Berufsausübungsbewilligungen erteilt, an denen der Frauenanteil 43,4 Prozent* betrug. Eine an 4742 Zahnärztinnen und Zahnärzte gerichtete SSO-Umfrage im Jahr 2012 ergab bei einer Rücklaufquote von 1428 Fragebögen einen Frauenanteil von rund 25 Prozent im Vergleich zu 16 Prozent im Umfragejahr 2001. Dabei lag im Tessin die Anzahl an Zahnärztinnen mit 9 Prozent unter dem Durchschnitt. Bei den unter 30-Jährigen wurden bereits etwa 40 Prozent der Fragebögen von Zahnärztinnen ausgefüllt.

Einfluss auf Praxisstrukturen

Die Feminisierung des Zahnarztberufes verändert die Organisationsstrukturen der Praxen. Anhand der SSO-Umfrage zeigte sich, dass Zahnärztinnen den Zusammenschluss mit Kollegen und Kolleginnen in Gemeinschaftspraxen bevorzugen. In Gemeinschaftspraxen und Zahnarztzentren lag der Frauenanteil im Jahr 2012 bei rund 30 Prozent, während nur etwa 15 Prozent aller Einzelpraxen von Frauen geführt wurden. Gemeinschaftspraxen eröffnen die Möglichkeit zu Angestelltentätigkeit, Teilzeitarbeit und spezialisiertem Arbeiten. Gemäss der landesweiten SSO-Umfrage arbeitete mehr als die Hälfte aller Zahnärztinnen in Teilzeitmodellen. Dabei betrug die Arbeitszeit pro Woche im Maximum 30 Stunden. Gemeinschaftspraxen bieten mehreren Spezialisten die Möglichkeit, unter einem Dach zu praktizieren. Dabei zeigten Zahnärztinnen ein höheres Engagement in der Kinderzahnmedizin, während die männlichen Kollegen für Chirurgie, Prothetik und Implantologie mehr Praxiszeit aufwendeten.

Variable Arbeitsformen bringen viel Flexibilität

Die Zahnärztin hat heute die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Arbeitsformen zu wählen. Sich für eine Form zu entscheiden, bedeutet nicht, festgelegt zu sein. Den Lebensumständen (Familie, Kinder, Alter usw.) entsprechend können sich Zahnärztinnen jederzeit neu positionieren. Auch der Schritt in die Selbstständigkeit zu einem späteren Zeitpunkt ist möglich.

Die Teilzeitarbeit (nicht nur für Frauen) gewinnt im Hinblick auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance an Bedeutung. Beruf und Familie werden für praktizierende Zahnärztinnen und Zahnärzte besser vereinbar. Das Arbeiten im Angestelltenverhältnis bietet besondere Vorzüge für Zahnärztinnen: Wer wirtschaftliche Risiken im Hinblick auf eine Familiengründung scheut, umgeht mit einer Anstellung finanzielle Verpflichtungen für eigene Praxisräume. Die Arbeitszeiten sind in Anstellung klar begrenzt, Zahnärztinnen erhalten Lohnfortzahlung in der Mutterschaftspause, im Krankheitsfall und im Urlaub. Zugleich entfällt der administrative Aufwand einer selbstständigen Tätigkeit.

Ausblick

Mit einer wachsenden Zahl von Zahnärztinnen, die in Teilzeitmodellen arbeiten beziehungsweise wegen der Schwangerschaft und Elternzeit ausfallen, nimmt die durchschnittliche Arbeitsleistung pro Behandler ab. Ob sich daraus Auswirkungen auf die zahnmedizinische Versorgung der Schweizer Bevölkerung ergeben, bleibt noch offen.

* Quelle: Bundesamt für Gesundheit BAG, Abteilung Gesundheitsberufe