Zahnmedizin aktuell

Die medizinische Versorgung von morgen

Telemedizin, künstliche Intelligenz und E-Health-Werkzeuge werden vielerorts ganz selbstverständlich angewendet. Am 4. Schweizer Kongress für Telenotfallmedizin und Digital Health zeigten Experten, wie die Medizin von der technischen Entwicklung profitiert.

Welche Rolle spielt die Telemedizin in der Notfallmedizin der Zukunft? Mit dieser Frage stieg PD Dr. med. Max Skorning in den Kongress für Telenotfallmedizin und Digital Health ein. Er ist Leiter des Gesundheitsamts Düsseldorf und ein Urgestein der Telenotfallmedizin. Auf seine Einstiegsfrage gab der Experte eine überraschende Antwort: Telemedizin wird gar keine Rolle mehr spielen. Begründung: Der Begriff «Telemedizin» ist überholt. Telekonsultationen, künstliche Intelligenz und virtuelle Realität seien bereits in die moderne Medizin integriert. Die beiden Begriffe Medizin und Telemedizin sprachlich zu trennen, sei sinnlos und fördere ein Schubladendenken, das kontraproduktiv sei, erklärte Skorning. «Statt über Medizin und Telemedizin sollten wir über die bestmöglichen Versorgungskonzepte für die Patienten diskutieren.» Konkret kann das bedeuten, dass weder der Patient zum Arzt noch der Arzt zum Patienten fährt. Sondern, dass vermehrt Instrumente wie Wearables, selbstauslösende Defibrillatoren oder Hilfeleitsysteme eingesetzt werden – um die individuell beste Rettungskette zu bilden.

Praktische Beispiele

Dass E-Health und telemedizinische Anwendungen tatsächlich in die Medizin integriert sind, bewiesen weitere Präsentationen am 4. Kongress für Telenotfallmedizin und Digital Health. Prof. Dr. Stavroula Mougiakakou vom ARTORG Center for Biomedical Engineering Research der Universität Bern zeigte beispielsweise ein Projekt aus der Diabetesversorgung. Ihr Team hat eine App entwickelt, die aufgrund eines Smartphonefotos berechnet, wie viele Kohlenhydrate eine Mahlzeit enthält.

Georg Hauzenberger und Martin Weibel sprachen über Momentum ARMC, ein Alarmierungs- und Einsatzleitsystem für Rettungseinsätze. Die App alarmiert und informiert Rettungskräfte, liefert Daten, zeigt andere Hilfskräfte im Einsatzgebiet, weist auf drohende Gefahren hin und dokumentiert den Rettungseinsatz. Nadja Pecquet und Prof. Dr. med. Christian Juhra präsentierten eine Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen in Deutschland: das Virtuelle Krankenhaus, eine Plattform, die ärztlichen Fachaustausch mittels Telekonsil unterstützt. Interessant waren zwei Aussagen von Christian Juhra: Erste Voraussetzung für ein Telekonsil ist eine hinreichend ausgebaute Internetverbindung – was nicht in jedem deutschen Krankenhaus gegeben sei. Zweitens sei ein Telekonsil dann sinnvoll, wenn man zuvor bereits vertrauensvoll zusammengearbeitet hat. Wichtig sei deshalb, dass bereits eine gelebte Kooperation zwischen den einzelnen Institutionen bestehe.

Digitale Notfallmedizin

Prof. Dr. med. Clemens Kill ist Leiter Notfallmedizin am Universitätsklinikum Essen. Unter den digitalen Anwendungen in Notfallzentren gebe es essenzielle, wünschenswerte und visionäre Formen. Zu ersteren gehören die elektronische Patientenakten und Dokumentationen oder die automatisierte Übertragung von Gerätedaten. «Es kann nicht sein, dass medizinische Fachleute Zahlen vom Bildschirm abschreiben müssen.» Wünschenswert seien beispielsweise die digitale Eigenanamnese im Wartezimmer oder auch ein digitales Tracking von Geräten. Zu den digitalen Visionen zählt der Referent das Monitoring von Patientenströmen. Was beim Strassenverkehr schon längst Normalität ist, sollte auch in der Notaufnahme umsetzbar sein, findet Clemens Kill.

Warum E-Health-Projekte scheitern

Bei allen Vorteilen birgt die Digitalisierung auch einige Probleme; darauf wies Dr. Christine Jacob von der Fachhochschule
Nordwestschweiz (FHNW) in ihrem Referat hin. Woran es liegen kann, wenn E-Health-Anwendungen scheitern, zeigte sie am Beispiel der verschreibungsfähigen digitalen Gesundheitsapps (DiGA). In Deutschland werden geprüfte Gesundheitsapps in ein Verzeichnis aufgenommen, sie gelten in der Folge als Medizinprodukte. Auf den ersten Blick scheint der Einsatz dieser Apps eine einfache und ressourcenschonende Möglichkeit zu sein, um Patienten zu unterstützen. Trotzdem verschreiben bisher nur wenige Ärztinnen und Ärzte solche DiGA. Das liege nicht an technischen Problemen, erklärte Christine Jacob, sondern eher an organisatorischen und sozialen Faktoren. Vermeintliche Nebensächlichkeiten wie der Unterbruch eines eingespielten Workflows oder eine fehlende Ausbildung des Personals könne die Vorteile einer digitalen Anwendung zunichtemachen. Das gilt es bei der Planung und Implementierung von E-Health-Projekten zu beachten.

 

Der Kongress für Telenotfallmedizin und Digital Health wird jeweils organisiert von der Universitätsklinik für Notfallmedizin in Bern. Die vierte Ausgabe fand Ende April in Luzern und online statt.

Dieser Artikel ist ein Nachdruck aus doc.be, Magazin der Ärztegesellschaft des Kantons Bern. Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

Zurück zur Übersicht

Wir verwenden Cookies und Analysetools, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten. Indem Sie auf der Seite weitersurfen, stimmen Sie der Verwendung von Cookies und Analysetools zu. Weitere Infos finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Ich stimme zu

Nous utilisons des cookies et des outils d’analyse dans le but de vous offrir le meilleur service possible. En poursuivant votre navigation sur notre site, vous acceptez nos cookies et nos outils d’analyse. De plus amples informations sont disponibles dans nos règles de confidentialité.

J’accepte