Zahnmedizin aktuell

«Führen ist Arbeit»

Ein selbstständiger Zahnarzt ist nicht nur Mediziner, sondern auch Unternehmer und Vorgesetzter. Frank Halter vom Schweizerischen Institut für Klein- und Mittelunternehmen gibt Tipps zur Führung und Motivation von Mitarbeitern.

Frank Halter, Sie leiten Seminare zum Thema «Mitarbeiterführung». Kann man wirkungsvolles Führen wirklich lernen?
Um einen Betrieb zu leiten, braucht es einerseits Unternehmertum und andererseits eine Führungspersönlichkeit. Unternehmertum bedeutet: Opportunitäten erkennen, initiativ sein, kreativ sein und etwas bewegen wollen. Ich glaube, das kann man nicht lernen. Aber wer diese Eigenschaften in sich trägt, kann sie wecken. Dasselbe gilt auch für die Führungspersönlichkeit. Hingegen kann man lernen, mit Führungsinstrumenten zu arbeiten. Dies vermitteln wir in unseren Seminaren.

Was macht eine gute Führungskultur aus?
Wir unterscheiden zwischen transformationaler Führung und transaktionaler Führung. Heute suchen Mitarbeiter zunehmend eine transformationale Führung, also die Vermittlung von Werten und Sinn. Dennoch braucht jede Führungskultur auch Strukturen, Kontrolle und Transparenz. Das sind die Merkmale des transaktionalen Führungsstils. Sie vermitteln Sicherheit und Autorität. Das ist besonders wichtig in einer Praxis, wo die Patientensicherheit eine grosse Rolle spielt. Das Spannungsfeld zwischen diesen beiden Führungsstilen macht eine gute Führungskultur aus.

Wie finde ich einen Führungsstil, der zu mir passt?
Der Führungsstil muss authentisch sein. Wer sich verstellt, kann mittel- bis langfristig nicht nachhaltig führen. Der Schlüssel zum persönlichen Führungsstil liegt deshalb in den individuellen Ressourcen, Prägungen und Motiven. So wird ein Kontrollfreak Mühe haben, seine Assistentin «an der langen Leine» arbeiten zu lassen. Wenn die Mitarbeiterin aber genau dies wünscht, dann müssen beide gemeinsam eine Lösung finden.

Demnach muss der Chef sich auch seinen Mitarbeitern anpassen?
Ja, vor allem muss er aber lernfähig sein. Meiner Erfahrung nach scheitert es oft schon daran, wie ein Vorgesetzter mit seinen Mitarbeitern spricht. Er sollte nicht drauflospoltern, sondern sagen, was genau ihm nicht gefällt. Das kann ein grosser Schritt sein. Auch mir gelingt das nicht jeden Tag.

Nehmen die Patienten den Führungsstil eines Zahnarztes wahr?
Ja, der Führungsstil wirkt auch nach aussen. In einer Gruppenpraxis beispielsweise sollten alle Beteiligten eine einzige Kultur verkörpern. Der Patient soll nicht das Gefühl haben, zum Zahnarzt xy zu gehen, sondern in die Praxisxz. Um dieszu erreichen, muss man den gemeinsamen Nenner suchen. Ich habe schon Praxen gesehen, in denen ein Arzt chaotisch war und der andere sehr ordentlich. Das führt zwangsläufig zu Diskussionen. Wenn man im selben Boot sitzt, muss man miteinander reden.

Das bedeutet Mehraufwand.
Ja, Führen ist Arbeit. Je mehr Menschen zusammenarbeiten, desto mehr Zeit und Energie braucht die Koordination.

Was ist besser, eine steile oder eine flache Hierarchie?
Beides kann funktionieren. Im Trend sind zurzeit eher flache Hierarchien – insbesondere in medizinischen Praxen. Viele Mediziner waren vor der selbstständigen Tätigkeit in einem Spital oder an einer Universität angestellt und sind ausgestiegen, weil sie «ihr eigenes Ding machen» wollen, statt in eine Hierarchie eingebunden zu sein.

Welche Rolle spielt die Kommunikation im Team?
Kommunikation ist der entscheidende Faktor, wenn es um Mitarbeiterführung geht. Uns Deutschschweizern fällt das oft schwer. Wir sind Meister der impliziten Kommunikation. Wir denken, der andere verstehe dann schon, was gemeint war. Aber das funktioniert nicht. Auch in Schlechtwettersituationen muss man Dinge ansprechen und debattieren können. Das Team muss den kleinsten gemeinsamen Nenner finden, welcher für die Praxis förderlich ist. Oder dann muss man sich trennen.

Wie kann der Praxisinhaber Kommunikation im Team fördern?
Der Vorgesetzte sollte mindestens einmal im Jahr Mitarbeitergespräche führen. Dabei soll er nicht bloss eine Checkliste abarbeiten, sondern er muss sich Zeit lassen, zuhören, Fragen stellen. Besser ist es, sogar zweimal im Jahr solche Gespräche zu führen. Auch informelle Gespräche sind wichtig. Denn im Praxisalltag ist es nicht möglich, unklare oder heikle Dinge anzusprechen.

Warum fällt es vielen Vorgesetzten so schwer, mit ihren Mitarbeitern zu reden?
Weil man sich dabei exponiert. Der Zahnarzt spricht ja in der Praxis nicht viel: Einer gut eingearbeiteten Dentalassistentin muss er kaum noch Anweisungen geben. Und der Patient muss die meiste Zeit den Mund offen halten. Deshalb fällt es vielen Zahnärzten schwer, ihren Mitarbeitern zu sagen, was sie erwarten.

Worauf muss man achten, wenn man Mitarbeiter kritisiert oder Fehler anspricht?
Die Rückmeldungen müssen immer begründet sein. Und anschliessend muss der Vorgesetzte sagen, was er stattdessen wünscht. Der Vorgesetzte sollte aber nicht nur bei Fehlern Feedback geben, sondern auch loben.

Sind finanzielle Anreize zur Mitarbeitermotivation sinnvoll?
Dazu gibt es viele Studien. Finanzielle Anreize können kurzfristig etwas auslösen, aber mittel- bis langfristig verlieren sie ihre Wirkung. Sinnvoller ist es, dafür zu sorgen, dass der Mitarbeiter sich entfalten und entwickeln kann. Ein gutes Mittel ist die Delegation, nicht nur von Aufgaben, sondern von Verantwortung. Die Dentalassistentin soll beispielsweise selber Material nachbestellen dürfen usw.

Welche anderen Anreize sind möglich?
Information und Transparenz motivieren, besonders in der Aufbauphase einer Praxis. Wo stehen wir als Praxis? Welche Rückmeldungen haben wir erhalten? Der Vorgesetzte soll die Mitarbeiter einbinden. Oft erkennen diese ja besser, was funktioniert und was nicht. Das zugeben zu können, fordert vom Praxisinhaber aber menschliche Grösse.

Das Interview als PDF (rechte Spalte unter «Download»).


HSG-Unternehmerseminar für Zahnärzte

Das Institut für Klein­ und Mittelunternehmen der Universität St. Gallen und Fluentis GmbH bieten ab Februar 2017 ein massgeschneidertes Unternehmerseminar, speziell für Zahnärzte in der Schweiz an. In fünf Tagesmodulen werden die wesentlichen An­satzpunkte für die integrierte Führung einer Zahnarztpraxis aufgezeigt. Informationen: www.kmu.unisg.ch/dent


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