Zahnmedizin aktuell

Der Zahnarzt und Nobelpreiskandidat Prof. Dr. Walter Hess

Die Zahnmedizin spielt bei der Verleihung der Nobelpreise bisher nur eine kleine Rolle. 1949 jedoch war der Schweizer Zahnarzt Walter Hess für den Preis nominiert.

Der Nobelpreis wurde im Jahr 1901 das erste Mal verliehen und zählt heute als die bedeutendste wissenschaftliche Auszeichnung weltweit. In der Kategorie Physiologie oder Medizin wurden bis zum heutigen Tag 224 Forscherinnen und Forscher mit dem Preis geehrt. Doch welche Rolle spielten die Fachgebiete der Zahnmedizin in diesem Kontext? Gab es in der Geschichte des Nobelpreises Nominierungen für zahnmedizinische Forschungsschwerpunkte und wenn ja, welche waren diese?

Ein Forschungsteam aus Deutschland hat genau dies genauer untersucht. Dazu haben sie zum einen die Nobelnomination Datenbank der Kategorie «Physiologie und Medizin» untersucht und zum anderen die Archivmaterialen des Nobelkomitees herangezogen. Neben dem deutschen Zahnarzt Carl Röse und der Britin Lady May Mellanby wurde auch der Schweizer Zahnarzt Walter Hess für seine zahnmedizinischen Forschungsergebnisse für den Nobelpreis nominiert.

Walter Hess (1885-1980)

Walter Hess wurde im Jahr 1949 von dem Schweizer Zahnarzt Alfred Gysi (1865-1957) für den Preis vorgeschlagen. Gysi nominierte Hess für seine Forschung auf dem Gebiet der Zahnerhaltung und seine Publikationen zur Histologie der Wurzelkanäle. Die umfangreichen Untersuchungen zu dem Aufbau und den Verzweigungen menschlicher Wurzelkanäle bildete die Grundlage seiner Habilitationsschrift und wurde in zahlreichen Lehrbüchern dargelegt. Sein zweiter Forschungsschwerpunkt lag im Bereich der Zahnerhaltung, auch hier mit dem Schwerpunkt Pulpa- und Wurzelkanalbehandlungen. Er untersuchte umfangreich die Pulpaamputation, die Vitalamputation und die direkte Pulpaüberkappung. Zahlreiche Dissertationen sind unter seiner Betreuung hierzu veröffentlicht worden. Insbesondere seine Beiträge zur Vitalerhaltung der Pulpa und ihrer Behandlung in den verschiedenen Erkrankungsstufen stellen Themen dar, welche auch heute noch von Interesse sind.

Walter Hess studierte, forschte und lehrte die grösste Zeit seines Lebens an der Universität Zürich. Die medizinische Fakultät beförderte ihn 1929 zum ausserordentlichen Professor und über viele Jahre übernahm er die Leitung des Instituts. Zudem hatte er über 40 Jahre lang die Leitung der Schweizerischen Monatsschrift für Zahnheilkunde, der Vorgänger-Zeitschrift des Swiss Dental Journal SSO.

Kein Nobelpreis für Walter Hess

Wie reagierte das Nobelkomitee am Karolinska Institut auf die Nominierung? Die Jurymitglieder bewerteten seine Ergebnisse zwar als wertvollen Beitrag für die klinische Forschung, jedoch nicht als originell genug für einen Nobelpreis. In Alfred Nobels Testament steht geschrieben, dass jenem der Preis zusteht, welcher der Menschheit den grössten Nutzen erbringt. Der Gutachter Göran Liljestrand schrieb, Walter Hess habe allerdings nicht eine grosse Entdeckung, sondern vielmehr zahlreiche einzelne kleine Beiträge geliefert.

Die deutsche Forschungsgruppe zeigt, dass die Zahnmedizin nur eine kleine Rolle im Nobelpreiskontext in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gespielt hat, sowohl unter den Kandidatinnen und Kandidaten als auch unter den eingeladenen Nominatorinnen und Nominatoren. Dieses Schicksal teilt sich die Zahnmedizin mit mehreren anderen Disziplinen, darunter die Anästhesie, die Orthopädie und die Medizingeschichte!

 

 

Literatur

Hense L, Hugger A, Hansson N. Excellence in dental research: nominated scholars for the Nobel Prize 1901-1950 with focus on Lady May Mellanby (1882-1978) and Walter Hess (1885-1980). British Dental Journal 2022; Vol. 232 No.11. doi.org/10.1038/s41415-022-3996-1

Hansson N, Angetter-Pfeiffer D. (Hg) Laureaten und Verlierer: Der Nobelpreis und die Hochschulmedizin in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Vandenhoeck & Ruprecht 2021

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