SDJ sprach mit den beiden Hauptverantwortlichen am Zentrum für Zahnmedizin der Universität Zürich (ZZM), die zusammen mit den Privatdozenten Dres. Rechenberg, Tauböck und Wegehaupt den Studiengang entwickelt haben: Prof. Thomas Attin (links), Leiter der Klinik für Zahnerhaltung und Präventivzahnmedizin, und Prof. Patrick Schmidlin (rechts), Leiter der Abteilung für Parodontologie und Periimplantäre Erkrankungen.

Wieso braucht es diesen neuen Studiengang?

Attin: Die Bedeutung der Zahnerhaltung wird mitunter im Allgemeinen leider verkannt und eher stiefmütterlich behandelt, obwohl ein Allgemeinzahnarzt vermutlich zu 80 Prozent auf diesem Gebiet arbeitet. Deshalb sind wir der Meinung, dass es höchste Zeit sei, diesen wichtigen Aspekt der Zahnmedizin zu stärken, und eine vertiefte, berufsbegleitende Weiterbildung aufzubauen.

Wie ist der neue MAS aufgebaut?

Schmidlin: Die Grundlagen von MAS-Studiengängen in der Schweiz unterscheiden sich im schweizweiten Vergleich deutlich in ihrem Aufbau. Der MAS in Zahnerhaltung an der Universität Zürich setzt sich zusammen aus drei CAS, die auch einzeln belegt werden können: Endodontologie, Präventive und Restaurative Zahnmedizin sowie Parodontologie und Periimplantäre Erkrankungen. Den MAS in Parodontologie bietet die Universität Zürich schon seit Längerem an, im Herbst ist der vierte Kohorte gestartet. Darauf konnten wir aufbauen: Neben einem entsprechenden CAS zum Thema Parodontologie sind das neu ein CAS in Endodontologie sowie in Präventiver und Restaurativer Zahnmedizin.

Attin: Die Klinik für Zahnerhaltung und Präventivzahnmedizin am ZZM kann die Inhalte vollumfänglich abdecken: die Restaurative Zahnmedizin mit der computergestützten Zahnmedizin, die Präventivzahnmedizin, Parodontologie und Endodontologie sowie Mikrobiologie und weitere Grundlagenfächer, die ebenfalls bei uns angegliedert sind. Diese Vielseitigkeit und die gute Vernetzung mit den bereits existierenden Masterprogrammen im Haus ermöglichen es uns, eine praxisrelevante Weiterbildung auf hohem Niveau anzubieten.

Wer ist das Zielpublikum?

Attin: Eigentlich jeder Zahnarzt mit einem abgeschlossenen Studium, der sich vertieft mit der Zahnerhaltung befassen und sein Wissen erweitern und festigen oder auch einfach nur seine Kenntnisse gezielt auffrischen möchte.

Schmidlin: Wir haben bereits positive Rückmeldungen erhalten von Zahnärzten, die sich zwar auf dem Gebiet der Endodontologie oder der Parodontologie weiterbilden wollen; allerdings wäre diesen Interessierten ein dreijähriger Masterstudiengang für jedes Fachgebiet zu aufwändig. Sie sind aber ehr interessiert am neuen Studiengang im Sinne eines Hochschul-Curriculums.

Ein besonderer Fokus liegt auf der Vernetzung von Theorie und Praxis. Wie muss man sich das vorstellen?

Attin: Im Masterprogramm liegt der Schwerpunkt unter anderem auf der Patientenbehandlung und -dokumentation. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen ihre Behandlungstechniken verfeinern und sie mit der aktuellen Forschung in Einklang bringen. Es wird Hands-on-Kurse am Phantom geben, um das Erlernte praktisch anwenden und vertiefen zu können. Ausgewählte Kurse werden wenn möglich auch am ZZM am eigenen Patienten durchgeführt.

Schmidlin: Ein weiterer Aspekt des Programms ist die Erarbeitung eines individuellen Therapie- und Praxiskonzepts. Die Zahnärzte lernen dabei, ihr Wissen bei der Patientenbehandlung und im Sinne eines Qualitätsmanagements umzusetzen. Die Auseinandersetzung mit diesem Thema ist sicher sehr wertvoll für jeden Zahnarzt.

Die Weiterbildung ist berufsbegleitend. Ist der Studiengang neben einem vollen Arbeitspensum zu schaffen?

Schmidlin: Der gesamte MAS dauert drei Jahre. Der Abschluss erfordert 60 ECTS-Punkte, das entspricht etwa 500 bis 600 Stunden pro Jahr, die für Lektüre, Vorlesungen, Vor- und Nachbereitung, Kurse, Behandlungen, Erarbeitung des Praxiskonzepts, Erstellen der Masterarbeit sowie Prüfungen einzurechnen sind. Ein wesentlicher Teil sind die Präsenzveranstaltungen, die sich auf acht Wochenenden pro Jahr und eine Intensivwoche verteilen. Natürlich ist das ein grosser zeitlicher Aufwand, aber durchaus berufsbegleitend machbar, wie die bisherigen Erfahrungen gezeigt haben. Die Studierenden werden durchgehend betreut, auch bei der Masterarbeit.

Gibt es einen vergleichbaren Studiengang in der Schweiz oder im nahen Ausland?

Attin: In der Schweiz bisher noch nicht; im Ausland gibt es ähnliche Weiterbildungen auf diesem Gebiet. Aber ein Zahnerhaltungsprogramm, dessen Module man auch als einzelne CAS absolvieren kann, und das berufsbegleitend innerhalb eines akademischen Weiterbildungsprogramms organisiert ist, das ist meines Wissens neu.

Wann wird der Studiengang erstmals durchgeführt?

Schmidlin: Der Start ist voraussichtlich im Herbst 2021, vorausgesetzt natürlich, dass es genügend Anmeldungen gibt (lacht). Wir beginnen vermutlich mit dem Modul Parodontologie.

Arbeiten die Dozenten alle am ZZM?

Schmidlin: Nein, wir bringen unsere Expertise dort ein, wo unsere Stärken liegen. Aber wir setzen auch auf neue Köpfe, sowohl aus der Schweiz als auch aus dem Ausland, und zwar über den deutschsprachigen Raum hinaus. Wir wollen ein interessantes und breites Spektrum mit den aus unserer Sicht besten Leuten anbieten.

Ist die zahnmedizinische Weiterbildung ein Bereich, der an der Universität Zürich noch weiter ausgebaut wird?

Attin: Die Universität Zürich hat unsere Idee eines neuen MAS sehr unterstützt. Aber die weitere Entwicklung hängt von Angebot und Nachfrage ab. In der Zahnmedizin ist Weiterbildung ein knappes Gut. Die Universitäten können nur eine begrenzte Zahl an Weiterbildungsstellen schaffen. Und die Weiterbildungsstellen in den Privatpraxen sind aufgrund der Patientenverteilung und der Praxisauslastung auch nicht mehr so einfach zu finden. Deshalb erachten wir es als sinnvoll, dass Zahnärzte sich ohne Konkurrenz zu Fachzahnarzt- oder anderen Programmen weiterbilden können. Letztlich ist die zahnmedizinische Weiterbildung auf hohem Niveau ein Dienst an der Volksgesundheit und am Patienten.

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