Wer im Internet sucht, der findet – nur möge man bei der Suche daran denken: Nicht alles was glänzt, ist Gold. Wenn es um Informationen rund um die Gesundheit geht, ist dies für viele Patientinnen und Patienten ein Problem: Gold, also verlässliche Informationen, zu erkennen, ist für sie oft schwierig. Die Glaubwürdigkeit einer Information einzuschätzen bereitet 56 Prozent der Schweizer Bevölkerung Schwierigkeiten, wie der Health Literacy Survey Schweiz 2019-21 ergeben hat. Die repräsentative Umfrage untersuchte die vorhandene Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung und wurde im Rahmen des internationalen Health Literacy Survey der Weltgesundheitsorganisation WHO erstellt.

Gesundheitskompetenz ist die Fähigkeit, relevante Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und so in Alltagsentscheide einfliessen zu lassen, dass sie sich positiv auf die Gesundheit auswirken. Die Gesundheitskompetenz beeinflusst die individuelle Gesundheit, aber auch die Gesundheitskosten. Denn: Personen mit einer geringen Gesundheitskompetenz nutzen das Gesundheitssystem tendenziell häufiger. Die Resultate der Studie lassen deshalb aufhorchen – und dürften auch für die Zahnmedizin interessant sein.

Bildung ist nicht ausschlaggebend

Die Schweizer Studie kommt zum Schluss, dass rund die Hälfte (49 Prozent) der Schweizerinnen und Schweizer über eine ungenügende Gesundheitskompetenz verfügt. Seit der letzten Umfrage 2015 hat der Anteil von Personen mit mangelhafter oder gar problematischer Gesundheitskompetenz zudem leicht zugenommen. Die grösste Mühe bekunden die Befragten dabei nicht beim Finden und Verstehen von Gesundheitsinformationen, sondern beim Beurteilen und Anwenden derselben – besonders bei Informationen aus den Medien. Doch auch bei Themen wie dem Einholen einer ärztlichen Zweitmeinung oder dem Beurteilen der Vor- und Nachteile verschiedener Behandlungsmethoden ist gut die Hälfte der Bevölkerung überfordert.

Die Studie zeigt, dass eine geringe Gesundheitskompetenz eng verknüpft ist mit einem kleinen Haushaltbudget sowie geringer sozialer Unterstützung. Nur einen kleinen Einfluss haben hingegen Bildungsniveau und Migrationshintergrund. Bei Ersterem ist erst ab Stufe Masterabschluss eine deutliche Steigerung der Kompetenz zu sehen. Bei Zweiterem ist vielmehr die Sprachkompetenz in der lokalen Landessprache entscheidend für den angemessenen Umgang mit gesundheitsbezogenen Informationen.

Digitale Informationsflut

Patientinnen und Patienten beziehen Gesundheitsinformationen hauptsächlich aus dem Internet oder aus den sozialen Medien. Die Studie zeigt, dass die Bevölkerung bei digitalen Quellen jedoch noch viel mehr Mühe hat, diese richtig einzuschätzen: Drei von vier Personen geben an, dabei überfordert zu sein. Dies liegt nicht zuletzt an der sogenannten Infodemie, der überflutung des digitalen Raums mit Informationen – inklusive Falschinformationen.

Zentral für die digitale Gesundheitskompetenz ist jedoch das Alter: Je älter die Person ist, desto niedriger fällt meist ihre digitale Gesundheitskompetenz aus.

Infodemie verstärkt sich mit der Pandemie

Die Schweizer Umfrage zur Gesundheitskompetenz fiel in die Corona-Pandemie. Deshalb wurde spezifisch zum Thema Corona eine weitere Studie durchgeführt. Sie zeigte, dass der Anteil an hoher coronaspezifischer Gesundheitskompetenz im April 2020 mit 53 Prozent minim höher war als der Anteil an hoher genereller Gesundheitskompetenz (51 Prozent). Das erklären die Forschenden damit, dass Gesundheitsbehörden und Medien ausführlich über das Gesundheitsthema Coronavirus informierten und mit intensiven Informationskampagnen Verhaltens- und Hygieneanweisungen streuten. Trotzdem berichteten in der Corona-Studie fast die Hälfte der Befragten von Schwierigkeiten, anhand von Medieninformationen zu entscheiden, wie man sich vor Krankheit schützen solle. Trotz mehr evidenzbasierten Informationen haben das Wissen um Gesundheitsthemen und der adäquate Umgang damit nicht automatisch zugenommen. Im Gegenteil scheint es, dass die Bevölkerung erhebliche Schwierigkeiten hat, mit der Infodemie Schritt zu halten.

Patienten Hilfestellung geben

Auch die Orientierung im Schweizer Gesundheitssystem fällt den Patientinnen und Patienten eher schwer. Am schwierigsten ist es für sie, Informationen über die eigenen Rechte als Patientin oder als Patient zu erlangen. Mühe bereitet auch, Gesundheitsreformen zu verstehen und Informationen zur Qualität von Dienstleistenden zu finden. Der Mehrheit der Befragten fällt es zudem schwer einzuschätzen, welchen Kostenanteil die Krankenkasse übernehmen wird.

Die Forschenden empfehlen deshalb, die Orientierung im Gesundheitssystem für Patientinnen und Patienten zu vereinfachen. Ausserdem sollten die sozial und gesundheitlich benachteiligten Bevölkerungsgruppen stärker in den Fokus genommen werden. Auch sollten Berufsverbände wie die SSO, die generell eine hohe Glaubwürdigkeit geniessen, den Informationsdschungel etwas entflechten, indem sie fachliche, einfach kommunizierbare Einordnung bieten. So könnten Patientinnen und Patienten auch im Internet das wahre Gold finden, also: evidenzbasierte Gesundheitsinformationen.

 

 

 

Selbsteinschätzung zur Gesundheitskompetenz

Initiiert durch die WHO Europa hat der internationale Health Survey (HLS19) von 2019 bis 2020 die Bevölkerung in 17 europäischen Ländern zu ihrer Gesundheitskompetenz befragt. In diesem Rahmen hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) 2019 eine repräsentative Befragung zur Gesundheitskompetenz lanciert. Es handelt sich um eine zweite Umfrage, die erste fand bereits 2015 statt. Die Careum Stiftung führte den «Health Literacy Survey Schweiz» gemeinsam mit dem Forschungsinstitut GFS Bern durch. 2502 in der Schweiz wohnhafte, erwachsene Personen wurden im März und April 2020 befragt. Die Resultate der Schweizer Studie weisen in die gleiche Richtung wie jene der internationalen Auswertung, die Schweiz schneidet aber etwas schlechter ab als der internationale Schnitt: International haben 46 Prozent der Bevölkerung eine geringe Gesundheitskompetenz, in der Schweiz sind es 49 Prozent. Wichtig zu erwähnen ist, dass es sich um Selbsteinschätzungen der Befragten handelt.

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